Rezensionen

REZENSIONEN

Dr.phil. Christian Philipp Nixdorf / social.net

Sozialwissenschaftler, Diplom-Sozialarbeiter/-pädagoge (FH), Organisationspädagoge M. A., Systemischer Berater (DGSF), Case Manager im Gesundheits- und Sozialwesen (DGCC), zertifizierter Mediator

Thema

Im Buch werden Theorien, Methoden, Instrumente und Beispiele der Organisationsberatung vorgestellt, die der Tradition der Wiener Schule der Organisationsberatung entsprechen bzw. darauf aufbauen. Janes & Prammer verstehen ihr Werk als eine Art kanonisiertes Wissen über Organisationsberatung, welches auf ihrer gut 40-jährigen Erfahrung als Berater fußt.

Aufbau und Inhalt

Das Buch hat 341 Seite und ist in 5 Kapitel unterteilt. Es ist in der von Torsten Groth herausgegebenen Reihe Management/​Organisationsberatung erschienen, deren Hauptanliegen es ist, Leser*innen Konzepte an die Hand zu geben, „die auch im unübersichtlichen Terrain von Wirtschaft und Organisationen Orientierung ermöglichen und Handlungsfähigkeit sicherstellen“ (S. 2). Der Text beginnt mit einem Vorwort, in welchem die Autoren die Gründe für das Verfassen des Buches reflektieren und darlegen, was es bedeutet, Organisationen zu beraten. Sie konstatieren, dass kein kanonisiertes Wissen darüber existiere, was Organisationsberatung ist und was diese leisten solle. Als Grund dafür, dass dieses übergreifende Wissen kaum vorhanden sei, benennen die Autoren unter anderem den kompetitiven Beratungsberatung, auf dem unterschiedliche Unternehmensberatungen um Aufträge ringen. Ihr eigenes Vorgehen veranschaulichen Organisationsberater*innen dabei in erster Linie ihren Klient*innen gegenüber – und das auch nur insoweit, als es für die Auftragsbearbeitung zwingend nötig ist. Das Ziel der Autoren ist es, eine Übersicht an kanonischem Wissen über Organisationsberatung zu liefern, ohne dabei der Hybris anheimzufallen, „den gesellschaftlich akzeptierten und mit einiger Erwartungssicherheit ausgestatteten Beruf des Organisationsberaters zu erfinden“ (S. 13). Die Autoren, die beide selbst langjährige Erfahrung in der Organisationsberatung haben, erklären, dass sie sich dabei der Tradition der Wiener Schule der Organisationsberatung verpflichtet fühlen. Aus dieser heraus hätten sich wichtige berufliche Standards der Organisationsberatung entwickelt. Sie werden im Buch beschrieben. Das Ansinnen von Janes & Prammer ist, eine Konvergenz der systemischen Theoriekonzepte mit der Beratungspraxis in und von Organisationen zu vollziehen, wobei ihr Augenmerk insbesondere auf dem jeweiligen Kontext der Beratung liegt.

Im ersten Kapitel nehmen sich Janes & Prammer der Geschichte der Wiener Schule der Organisationsberatung an. Sie beleuchten deren Anfänge sowie die theoretischen Wurzeln und schildern, wie sich die Wiener Schule, die sich in der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre etabliert habe, zunehmend ausdifferenziert hat. Aus zeitlich überdauernde Konstitutionsmerkmale dessen, was heute unter Wiener Schule verstanden wird, benennen die Autoren die Gruppendynamik, als deren wesentlicher „Vater“ Kurt Lewin gilt. In den 1970er- und 80er-Jahren sei die Wiener Schule dann inspiriert worden durch Konzepte der System- und Evolutionstheorie (zu nennen sind zum Beispiel Humberto Maturana & Francisco Varela), der Kommunikationswissenschaften (z.B. Paul Watzlawick), der Soziologie (z.B. Niklas Luhmann), des radikalen Konstruktivismus (z.B. Ernst von Glasersfeld) und der Kybernetik zweiter Ordnung (z.B. Heinz von Foerster). Ideen seien aufgegriffen und das theoretische Gebilde, das der praktischen Organisationsberatung zugrunde liegt, integriert worden (S. 19), schreiben die Autoren. Zudem seien Erfahrungen aus der Familientherapie um die Mailänder Gruppe (Mara Selvini u.a.) sowie Aussagen zur Prozessberatung und Unternehmenskultur (Edgar Schein) aufgearbeitet und „ins kollektive Wissen des Wiener Biotops eingewoben“ worden (S. 20). Es gäbe heute diverse Beratungsunternehmen mit eigenen Schwerpunkten und Ansätzen, die sich als Vertreter*innen der Wiener Schule der Organisationsberatung begreifen, schildern Janes & Prammer. Was sie – bei aller Unterschiedlichkeit – eine, sei „ein systemischer Ansatz sowie die Offenheit des Beratungsvorgehens und der zum Einsatz gelangenden Methoden bzw. Instrumente bezüglich spezifischer Auftrags- und Klientenkontexte“ (ebd.).

Im zweiten Kapitel thematisieren die Autoren die Know-how-Entwicklung in der professionellen Beratung. Sie erläutern, was professionelle Beratung auszeichnet und wie sich das professionsrelevante Wissen und der der Habitus der Beratenden im Laufe der Zeit entwickeln. Dieser Entwicklungsprozess gestaltet sich ihnen zufolge in drei Phasen, die sich mit (1) Prägung, (2) Optimierung und (3) Innovation überschreiben lassen. „Berater sind dann am wirkungsvollsten, wenn sie dieses Spiel zwischen Distanz und Nähe so professionalisieren, dass ein unvoreingenommener externer Blick bei der Mitarbeit an internen Lösungen erhalten bleiben kann. Wie aber entsteht dieser?“ (S. 25) – so lautet die erkenntnisleitende Frage, die das Kapitel durchzieht. Die Antworten darauf fallen prägnant aus und werden mit manchen Schaubildern untermauert.

Im dritten Kapitel fokussieren Janes & Prammer Organisationen in der Organisationsberatung. Sie definieren, was mit Organisation(en) gemeint ist, schildern Besonderheiten und Implikationen der Organisationssprache und reflektieren, wie Organisationsberater*innen Organisationen sehen, wie sie mit diesen kommunizieren und wie sie über diese sprechen. Die Autoren nehmen hier die formale und informelle Organisation in den Fokus und gehen auf Paradoxien des Organisierens ein. Sie rekurrieren zudem auf die Bedeutung und Wirkmacht der Organisationskultur, die bei Beratungsaufträgen stets mitgedacht werden müsse und nicht zu unterschätzen sei. Die Frage, der sich Janes & Prammer schließlich annehmen, ist, wie sich Organisationen als Gegenstand von Organisationsberatung konzeptualisieren lassen. Sie beantworten diese Frage damit, dass man sich zunächst darüber im Klaren sein müssen, wie Entscheidungen in Organisationen getroffen werden. Entscheidungen, die das Resultat von Kommunikation sind, sind schließlich die „Materie“, aus der Organisationen entstehen. Folgerichtig schildern die Autoren, was es mit entscheidbaren und unentscheidbaren Entscheidungsprämissen auf sich hat. Des Weiteren gehen die Autoren auf das Thema Hierarchie ein. Im Kontext „moderner“ Konzepte der Organisationsentwicklung hin zu „Holokratie“ und „New Work“ wird diese vor allem in Sozialorganisationen, aber zunehmend auch in Wirtschaftsunternehmen, kontrovers(er) diskutiert, als das noch vor einigen Jahrzehnten der Fall war.

Im vierten Kapitel thematisieren die Autoren die Methodik der Wiener Schule der Organisationsberatung. Sie legen die konzeptionellen Grundlagen des Ansatzes dar und nehmen eine historische Rückschau auf bedeutsame Entwicklungsprozesse in der Organisationsberatung vor. Sie schildern Entwicklungen und rekurrieren auf die Werke wirkmächtiger Personen in den 1950er-Jahren (z.B. Peter Drucker), 1980er-Jahren (z.B. William DemingThomas Peters und Robert Waterman) sowie 1990er-Jahren (z.B. James WomakRobert Kaplan und John Kotter). Auch gehen Janes & Prammer auf die Entzauberung der Organisationsberatung ein, die in Wirtschaftskrisen und insbesondere beim Platzen der Dotcom-Blase Anfang der 2000er-Jahre erfolgte (Anmerkung des Rezensenten: Diesbezüglich ist Leser*innen, die an einem kritischen Blick auf Unternehmensberatung interessiert sind, vor allem Thomas Leifs Buch Beraten und verkauft (2006) sowie Viktor Laus Spinner im Nadelstreifen (2013) zu empfehlen). Einen weiteren Schwerpunkt des Kapitels stellen die Darlegungen zum Wesen der kontextuellen Organisationsberatung dar, mit der die Autoren ihr Buch tituliert haben. Als Rahmen kontextueller Organisationsberatung definieren sie fünf Eckpfeiler: (1) Kontextbezogenheit, (2) pragmatische Definition von Beteiligungsräumen, (3) pluralistische Kooperationsverträge, (4) Allparteilichkeit und (5) strukturelle Eigenständigkeit. Janes & Prammer erklären, was unter den genannten Eckpfeilern zu verstehen ist und warum sie für erfolgreiche Beratung essenziell sind.

Im letzten Kapitelabschnitt stellen die Autoren sieben Parameter zur kontextuellen Gestaltung von Architekturen, Designs und Interventionen in Organisationen vor, die jeweils einen anderen Fokus abdecken. Die Parameter, welche Janes & Prammer im Beratersystem selbst verortet sehen, sind die Gestaltung eines Ordnungsrahmens, die Positionierung auf der Beratungsfeldmatrix sowie die Kooperation von Beratungssystemen. Letzteres ist bedeutsam, weil es ja durchaus komplexe Beratungsprojekte gibt, bei denen Berater*innen aus unterschiedlichen Branchen mit divergenten Schwerpunkten für eine Organisation tätig sind. Als weiteren Fokusbereich benennen die Autoren die Beratungshabitate und Marken (Standards). Was sie darunter verstehen, erklären sie so: „Beratungsstandards reduzieren die in der praktischen Beratungsarbeit zu handhabende Komplexität. Damit entlasten sie die handelnden Personen“ und schaffen ein „trittfestes Fundament“ (S. 215). „Je mehr sich Beratersystem und Klientensystem in einem Feld von Habitatzugehörigkeit und Markenzuschreibung bewegen, desto mehr entwickelt sich ein wechselseitig bekanntes und bewährtes »Geländer« für prozessuales und lösungsfokussiertes Handeln“, schreiben die Autoren (ebd.). Einen weiteren bedeutsamen Fokus legen sie auf die kommunikative Dynamik, die Beteiligung der Betroffenen im Beratungsprozess und auf das Ausmaß an Freiheit zur Gestaltung des Beratungsprozesses, welches bedeutsam darauf einwirkt, wie kontextuell die Beratung vollzogen werden kann. Janes & Prammer nehmen eine differenzierte Unterteilung der genannten Foki vor und schildern, wie Organisationsberatung abläuft, was dabei alles bedacht werden muss und welche Hürden es geben kann. Die methodischen Grundlagen werden dabei ebenso benannt wie die Bedeutung der jeweiligen Arbeitskontexte.

Nachdem auf den vorangestellten 200 Seiten viel theoretischer Input gegeben wurde, erfolgte im fünften und letzten Kapitel schließlich ein genuin praktischer Teil, in welchem fünf Fallbeispiele für die konkrete Organisationsberatungsarbeit vorgestellt und kontextualisiert werden. Die Beispiele decken unterschiedliche Rollen ab, in die erfahrene Organisationsberater*innen je nach Bedarf und Kontext schlüpfen können und müssen nämlich…

  • …Berater*innen als Transformator*innen
  • …Berater*innen als Servicetechniker*innen
  • …Berater*innen als Know-how-Zulieferer
  • …Berater*innen als Agent*innen der Geschäftsleitung und
  • …Berater*innen als erfahrene Gesprächspartner*innen.

 

Bei jedem der im Buch vorgestellten Beratungsfälle werden zunächst die Ausgangssituation und der Einstieg in den Beratungsprozess, dann die Realisierung des Beratungsvorhabens sowie die Darlegung dessen vorgenommen, was nach der beraterischen Intervention in der jeweiligen Institution geschehen ist, ob die Beratung also nachhaltig war. Die Darstellung der 5 Beratungsfälle schließt jeweils mit einer Reflexion der Autoren ab. Sie schildern, wie sie ihr Vorgehen in der Rückschau begründen und warum sie den jeweiligen Beratungsfall als Beispiel für kontextuelle Organisationsberatung in diesem Buch gewählt haben. In Folge dessen, dass die Beispiele aus so unterschiedlichen Bereichen (öffentliche Verwaltung, Konzernwirtschaft, Familienunternehmen und Gesundheitswirtschaft) stammen, ist es wahrscheinlich, dass das Gros der Leser*innen zumindest zu einem der Fälle Anschluss an die Darlegungen finden dürfte.

Zu guter Letzt reflektieren Janes & Prammer in einem Nachwort zusammenfassend nochmals, was und wen sie mit der Publikation ihres Buches erreichen wollen. „Durch die Bereitstellung theoretischer und praktischer Grundlagen, begrifflicher, methodischer und instrumenteller Standards sowie ausführlicher Hinweise zu derer konkreten Anwendung will dieses Buch einen Beitrag zur Professionalisierung des Dialogs zu relevanten Themen der Organisationsberatung und zur konkreten Organisationsberatung im Feld leisten“, postulieren die Autoren (S. 325). Sie hätten das Spannungsverhältnis „zwischen organisatorischen Artefakten, Organigrammen, Prozesslandkarten, Programmen etc.“ im Buch dargestellt und den Rahmen benannt, „in dem sich das Ausmaß an Handlungsfreiheit für das operative, taktische und strategische Handeln der Organisationsmitglieder“ eröffne, erklären Janes & Prammer (S. 325 f.). Ebenfalls heben sie hervor, dass vieles, was im Feld von Relevanz sein könne, in ihrem Buch unbeleuchtet bliebe und dass der Auswahlentscheidung dessen, was im Text wie präsentiert wurde, immer ein gewisses Maß an Kontingenz zukomme, da beim Vorstellen von Fakten, Themen und Fällen eben auch anders hätte vorgegangen werden können. Summa summarum erachten die Autoren ihr Werk als Ausschnitt komplexer, sich stets weiter entwickelnder Realität(en). Da Kontexte sich ändern können, müsse Organisationsberatung darauf entsprechend reagieren. Wie das gehen kann, wollen die Autoren mit ihrem Buch aufzeigen. Im weiten Feld der Organisationsberatung sei allerdings noch einiges zu nennen, was angegangen werden müsse, um einheitliche Qualitätsstandards zu setzen und in der Praxis zu leben, sind Janes & Prammer überzeugt. „Es bleibt noch viel zu tun…“ lautet denn auch der letzte Satz ihres Buches, der als Analyseergebnis ebenso verstanden werden kann wie als Handlungsimperativ für andere Organisationsberater*innen sowie ggf. auch für den Gesetzgeber, denn zumindest in Deutschland existieren keine rechtlich kodifizierten Vorgaben dessen, wer sich Organisationsberater*in nennen darf. Das öffnet Beliebigkeit Tür und Tor, was der Etablierung einheitlicher Qualitätsstandards nicht zuträglich ist.

Diskussion

Was lässt sich zum Buch Kontextuelle Organisationsberatung aus Sicht des Rezensenten nun festhalten? Ist das Werk verständlich geschrieben? Für wen ist es geschrieben? Wie ist es im Fachdiskurs zu verorten? Gibt es Kritikpunkte? Und ist das Werk insgesamt zu empfehlen? Diese Fragen kann der Rezensent wie folgt beantworten:

Verständlichkeit: Was das Layout, die Aufteilung der Kapitel und die Schriftgröße angeht, ist das Buch angenehm zu lesen und logisch aufgebaut. Auch die diversen Schaubilder im Text, die dem Verständnis der Darlegungen dienlich sind, sind durchweg sehr gut erkennbar und ansprechend gestaltet. Leser*innen, die bereits Vorerfahrung haben, sollten sich im Text schnell zurechtfinden. Für Menschen, die noch keinerlei Erfahrung mit Organisationsberatung und mit Systemtheorie haben, können manche Darlegungen indes schwer zugänglich sein. Dies allerdings liegt in der Natur der Sache, da Organisationsberatung eben ein komplexes Thema ist, das nicht beliebig vereinfacht werden kann. Beispielhaft sind hier etwa die Darlegungen zum „Transformationsmanagement“ (S. 74 f.), zu „Snowdens Cynefin-Complexity Framework“ (S. 82) oder auch der Diskurs zur „Formensprache Spencer-Browns“ (S. 117) zu nennen. Den Schilderungen der Autoren zu diesen Punkten zu folgen und sie wirklich zu verstehen, setzt Vorwissen voraus. Positiv hervorzuheben ist allerdings, dass die Darlegungen zu den entscheidbaren und unentscheidbaren Entscheidungsprämissen im Buch von Janes & Prammer deutlich einfacher zu verstehen sind, als das in Niklas Luhmanns Referenzwerk Organisation und Entscheidung (2005) der Fall ist. Letzteres ist ohne organisationssoziologische Vorkenntnisse kaum verständlich, den Darlegungen zu dem letztgenannten Punkt (und zu diversen anderen Punkten) von Janes & Prammer hingegen können auch Laien folgen.

Was auf manche Leser*innen, die mit Habitus von Organisationsberater*innen nicht vertraut sind, gegebenenfalls etwas befremdlich wirken kann, sind allerdings die Anglizismen im Buch. Wirklich negativ anzukreiden ist das den Autoren indes nicht, denn die Wortwahl im Text ist für ein Werk über Organisationsberatung nicht untypisch. Organisationsberater*innen, die sich neudeutsch gerne Consultants nennen, bedienen sich (wie Fachkräfte in anderen Branchen auch) eben einer bestimmten Consulting-Sprache. Diese strotzt oft vor Anglizismen, da diverse Methoden, Techniken und Theorien der Organisationsberatung, die im deutschsprachigen Raum verbreitet sind und z.B. auch in der Wiener Schule weitergedacht wurden, aus dem angloamerikanischen Raum stammen. Da vornehmlich andere Organisationsberater*innen die Zielgruppe der Autoren sein dürften, ist es folgerichtig, dass sie sich deren Sprachduktus bedienen.

Zielgruppe: Wie geschildert dürfte die primäre Zielgruppe aus Organisationsberater*innen bestehen. Aber auch Studierende und Lehrende an Hochschulen, die sich in den Wirtschafts-, Organisations- oder Sozialwissenschaften mit dem Thema Organisationsberatung befassen, zählen zur Gruppe jener, welche die Autoren ansprechen. Wenig erfahrene Organisationsberater*innen profitieren vor allem von den Fallbeispielen, in denen Janes & Prammer zeigen, wie vielfältig und offen für kontextuell probate Adaption die Umsetzung von Organisationsberatung auf Basis der Grundlagen der Wiener Schule ist.

Verortung im Fachdiskurs: Der Text von Janes & Prammer reiht sich ein in einen umfassenden Reigen von Hunderten Büchern, die bereits zur Organisationsberatung erschienen sind. Weil das so ist, kann der Rezensent die Darlegungen der Autoren, dass keinerlei professionelle Standards der Organisationsberatung existieren, weshalb es geboten wäre, diese nun festzulegen, denn auch nicht so ganz nachvollziehen. Es ist zwar wie schon geschrieben, korrekt, dass es zumindest in Deutschland keine rechtlichen Standards der Organisationsberatung gibt, professionsimmanente Must-have-Standards haben – wenn auch nicht bindend, – aber schon einige Autoren aufgezeigt. Im deutschsprachigen Raum sind Astrid und Georg Schreyögg, Christel Niedereichholz, Dirk Lippold, Roswita Königswieser und Rudolf Wimmer als einige Beispiele dafür zu nennen. Dass das Werk von Janes & Prammer nichtsdestotrotz lesenswert auch für Personen ist, die bereits diverse andere Bücher zur Organisationsberatung gelesen haben, liegt daran, dass die beiden Autoren die Spezifika der Wiener Schule der Organisationsberatung nachvollziehbar und fundiert auf den Punkt bringen. Sie zeichnen deren Entwicklungsschritte nach und machen deutlich, wie Standards in der professionellen Organisationsberatung auf Basis der Wiener Schule aussehen können. Schon das macht das Buch lesenswert.

Kritikpunkte: Abgesehen von dem, was bereits geschildert wurde, kann der Rezensent keinen Kritikpunkt ausmachen. Es gibt im Grunde nichts zu beanstanden, außer vielleicht, dass der Titel des Buches dem Rezensenten, der selbst Organisationen berät, insofern tautologisch vorkommt, als Organisationsberatung immer kontextuell sein muss, um erfolgreich zu sei. Dass Janes & Prammer das kontextuelle Moment im Buchtitel explizit gewählt haben, kann natürlich daran liegen, dass sie die hohe Bedeutung des Kontextes für das Gelingen der Beratung hervorheben wollen. Es kann aber auch schlichtweg der Tatsache geschuldet sein, dass bereits diverse Bücher auf dem Markt sind, die mit Organisationsberatung tituliert sind. Die Wahl dieses Titels hätte es schwerer gemacht, das Alleinstellungsmerkmal des Textes hervorzuheben. Ein einziger Punkt, der eventuell als „kritikwürdig“ angesehen werden kann, ist nicht inhaltlicher, sondern preisgestalterischer Natur, denn der Preis des Buches ist mit 59,00 Euro doch ziemlich happig. Für Studierende ist das kaum erschwinglich. Der hohe Preis dürfte daraus resultieren, dass die Auflage des Buches recht klein ist. Das wiederum zeigt, dass die Zielgruppe des Textes primär andere Organisationsberater*innen sind. Wenn diese einigermaßen gut im Geschäft sind, dürfte sie ein Preis von 59,00 Euro kaum abschrecken.

Nutzen: Der Nutzen des Buches ist, dass es im Wesentlichen drei Dinge liefert. Zu nennen sind erstens die beratungsfokussierten, anwendungsorientierte Theorien, die helfen, beratungsrelevante Phänomene in Organisationen besser zu beobachten, zu beschreiben und zu verstehen. Das ist für die Erarbeitung von Handlungsstrategien im Umgang mit diesen Phänomenen essenziell. Zweitens liefert der Text praktische Methoden und Instrumente, mit deren Hilfe die Realisierung der Beratungsaufgaben anlass- und auftragsbezogen, d.h. kontextuell passend angegangen werden kann. Drittens finden sich im Text Fallbeispiele, in denen die zuvor dargestellten Methoden und Instrumente in Aktion dargestellt werden, was die Umsetzung der Wiener Schule der Organisationsberatung auch für jene Leser*innen erfahrbar macht, die damit bisher wenig oder gar nicht vertraut sind. Aufgrund der genannten Punkte ergibt sich ein potenzieller Nutzen (1) für Organisationsberater*innen, die sich aus dem Text Inspiration ziehen und ggf. ihren Methodenkoffer erweitern wollen, (2) für Lehrende an Hochschulen und in Weiterbildungseinrichtungen, die das Thema Organisationsberatung ihren Studierenden näherbringen wollen sowie (3) für Studierende, die sich für die Thematik interessieren, weil sie nach dem Studium ggf. selbst einmal als Organisationsberater*innen tätig werden möchten.

Fazit

Alfred Janes & Karl Prammer legen mit Kontextuelle Organisationsberatung ein informationsreiches, gut geschriebenes Werk vor. Sieht man von der ausgiebigen Nutzung systemtheoretischer Fachtermini ab, mit denen nicht alle Leser*innen vertraut sein dürften, gelingt es den Autoren gut, die Spezifika der Organisationsberatung wissenschaftlich fundiert zu vermitteln, ohne an Praxisbezug einzubüßen. Das Buch eignet sich als Nachschlagewerk für Organisationsberater*innen ebenso wie als Impulsgeber für Studierende und Dozent*innen, die sich in Hochschulseminaren mit Organisationsberatung befassen.

Christian P. Nixdorf, Rezension vom 27.09.2021 zu Alfred Janes, Karl Prammer: Kontextuelle Organisationsberatung – Theorien, Methoden, Instrumente, Fallbeispiele aus der Wiener Schule.
Carl Auer Verlag / Heidelberg, 2021
https://www.socialnet.de/rezensionen/28673.php (genehmigte Übernahme von socialnet)

Kundenrezesionen

Kundenrezensionen bei Amazon, eBook, Weltbild

Gute Theorie praktisch aufbereitet – großes Lesevergnügen

von Ruth Simsa am 13. August 2021 bei amazon

Für mich als langjährige Organisationsberaterin ist das Buch sehr hilfreich, um die eigene Tätigkeit zu reflektieren und Anregungen für Methoden und Instrumente zu holen. Es ist erfrischend, fundierte Theorie in gut lesbarer Form zu finden. Die Praxisbeispiele helfen für das Verständnis der Theorie und sind auch gute Anregungen für das eigene Verhalten in komplexen Beratungssituationen.

strukturiert, fundiert, lebendig

von Laura Grossmann am 11. September 2021 bei Weltbild und bei eBook

Obwohl die Länge des Buchs zu Beginn abschreckend wird, ist es dann doch schnell gelesen. Die beiden Autoren berichten so lebendig aus ihren eigenen Erfahrungen, dass man das Gefühl hat dabei gewesen zu sein. Trotz des hohen Anteils an Erfahrungswissen, wirken die Theorien von Prammer und Janes sehr fundiert und klar. Als angehende Beraterin finde ich es sehr wertvoll, anhand von realen Beispielen verschiedene Methoden zu beobachten und zu erlernen. Die systemische Grundhaltung, inklusive deren Werte wie Partizipation, kommt sehr sympathisch rüber. Am Ende des Buches habe ich mich gefragt, warum jemand überhaupt anders beraten sollte… Ich werde es auf jeden Fall immer wieder als Nachschlagewerk verwenden und mich inspirieren lassen!

Alexander Verweyen / alexander verweyen BUSINESS CONSULTANTS

Alexander Verweyen ist Geschäftsführender Gesellschafter der
alexander verweyen BUSINESS CONSULTANTS GmbH mit Sitz in München

TransformationsManagement
– Theorie und Werkzeugset für betriebliche Veränderungsprozesse von Karl Prammer

TransformationsManagement ist ein neuer Ansatz im Gebiet des organisatorischen Wandels, welcher Change-Management und Ansätze des Organisationsmanagements zusammenführt. Karl Prammer gelingt es in seinem Buch darzustellen, wie komplex ein Transformationsprozess sein kann und welche Herausforderungen diese mit sich führen. Besonders großen Anreiz geben die verschiedenen Instrumente, die beschrieben werden, mit denen komplizierte Systeme, wie soziale Gemeinschaften, gesteuert und verändert werden können. Dieses Buch ist ein hervorragender Einstieg in die Praxis des TransformationsManagements , reicht aber natürlich nicht als einziges Werkzeug aus eines intensiven Veränderungsprozesses, welche für viele Unternehmen immer mehr zur Grundlage der Existenz werden, durchzuführen.

Alexander Verweyen: Rezension 2010 zu:
Karl Prammer: TransformationsManagement. Theorie und Werkzeugset für betriebliche Veräünderungsprozesse. Carl Auer Verlag GmbH (Heidelberg) 2009. ISBN 978-3-89670-707-9.
In: alexander verweyen BUSINESS CONSULTANTS
http://www.alexanderverweyen.com/impactNews/0310/03_Interessant.html#buch4

Sascha Hellmann / changeX

Freier Journalist in Heidelberg

Der dritte Weg
Karl Prammers TransformationsManagement.

Change in Organisationen scheitert oft: Kommt die Veränderung von außen, an internen Widerständen, kommt sie von innen, an der Beharrungskraft des Gewohnten. Transformationsmanagement will beide Ansätze vereinen. Und die Chance auf grundlegenden Wandel eröffnen.

Wann immer Organisationen betriebliche Veränderungen einleiten, lassen sich diese durch die Richtung, aus der die Veränderungen vorgenommen werden, beschreiben. So unterscheidet man heute den Organisationsentwicklungsansatz (OE), bei dem die Veränderung intern herbeigeführt wird, vom Ansatz des Change Management (CM), der primär extern geleitet wird. Beim Organisationsentwicklungsansatz wird die Veränderung aus dem Unternehmen selbst initiiert, indem möglichst breitflächig alle Betroffenen als Mitglieder des Unternehmens eingebunden werden. Zu verändernde Strukturen, die neuen Anforderungen angepasst werden müssen, werden aus dem Unternehmen heraus ins Auge gefasst, um gemeinsam akzeptierte Lösungen dafür zu finden.
Anders beim Change Management. Hier wird die Veränderung aktiv von außen gemanagt: Meist offerieren extern beauftragte Berater Maßnahmen zur Veränderung nach der Maxime „Wir wissen, wie es geht, wir haben die passende Lösung für euch.“ Sowohl der Organisationsentwicklungsansatz als auch das Change Management haben jedoch Schwächen, „durch welche die tatsächlich erreichten Ergebnisse oft beträchtlich hinter den anfänglichen Erwartungen zurückbleiben“, schreibt Karl Prammer in seinem neuen Buch TransformationsManagement. Theorie und Werkzeugset für betriebliche Veränderungsprozesse. In diesem stellt der Autor einen dritten Weg vor, das sogenannte Transformationsmanagement, das die Schwächen der anderen beiden Ansätze zu vermeiden sucht.

Verschränkung von interner und externer Logik

Während nämlich bei der Organisationsentwicklung die Integration gemeinschaftlich gefundener Lösungen meistens kein Problem darstellt, findet beim Change Management die von außen kommende Veränderungsoption oftmals schwerer die für die Umsetzung notwendige Akzeptanz. Andererseits bleibt der Organisationsentwicklungsansatz hinter der Schnelligkeit und Radikalität der Veränderungsentwürfe durch das Change Management zurück. Das Transformationsmanagement versucht nun diese Schwächen zu umgehen, indem es beide Veränderungslinien verschränkt. Prammer schreibt: „Das Veränderungskonzept ‚TransformationsManagement‘ ist die prozessgestaltungs- und beratungstechnische Antwort auf die Frage, wie weit sich Veränderungsprozesse beschleunigen lassen, ohne dass die ausgeprägte Implementierungsschwäche des Change-Management-Ansatzes in Kauf genommen werden muss.“
Zudem soll das Transformationsmanagement die Chance zu einem Musterwechsel, einem grundlegenden Wandel in der Organisation, eröffnen. Hierzu werden nun beim Transformationsmanagement Maßnahmen zur Veränderung gemeinsam mit externen Beratern und Betroffenen der Organisation erarbeitet. Diese vollziehen sich in einer Abfolge von „schließenden und öffnenden Interventionen“. Will sagen: Es gibt Elemente im Veränderungsprozess, die vordefiniert sind, und andere, die sich im wechselseitigen Abstimmungsprozess verändern lassen. Allgemein erfolgt beim Transformationsmanagement jedoch „die Verschränkung von interner und externer Logik in koordinierter, spielregelgeleiteter Weise über alle Phasen des Veränderungsvorhabens hinweg. Damit besteht die Chance, dass nicht nur interne Sichtweisen (wie bei der OE) oder externe Sichtweisen (wie beim CM) Bedeutung erlangen, sondern interne und externe zugleich und dass dies mehr als die Summe beider bedeutet.“

Relativierende Haltung

Prammer, der 20 Jahre Erfahrung als Organisationsberater besitzt, stellt in diesem Buch nicht nur einen theoretisch befriedigenden Überblick über Transformationsmanagement, den Organisationsentwicklungsansatz und Change Management zusammen, sondern veranschaulicht seine Theorie zudem anhand einzelner Fallbeispiele. Darüber hinaus liefert das Buch auch zahlreiche Anleitungen für die Praxis. Und da letztlich die Praxis zählt, schließt Prammer gegenüber seinem theoretischen Entwurf vorsichtig: „Begegnen Sie den Inhalten, die ich hier vermittle, mit einer hinterfragenden – und für Ihre reale Anwendung relativierenden – Haltung.“

Sasch Hellmann. Rezension vom 23.02.2010 zu:
Karl Prammer: TransformationsManagement. Theorie und Werkzeugset für betriebliche Veräünderungsprozesse. Carl Auer Verlag GmbH (Heidelberg) 2009. ISBN 978-3-89670-707-9.
In: change X
http://changex.de/Article/rezension_prammer_transformationsmanagement

Prof. Dr. Knut Dahlgaard / social.net

Professor für Personalmanagement und Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg,
Fakultät Wirtschaft und Soziales

Entstehungshintergrund

Das vorliegende Werk basiert auf Erfahrungen, die der Autor als externer Berater von Veränderungsprozessen in Organisationen gewonnen hat. Er will durch Analyse und Generalisierungen von Wirkmechanismen bei Veränderungsprozessen „Orientierung für das Managen und die Begleitung von Transformationsprozessen“ (S. 11) geben und warnt im Vorwort vor der Gefahr nicht situationsadäquater Anwendung derartiger Leitlinien oder Instrumente.

Aufbau

Das Buch lässt sich grob in fünf Abschnitte unterteilen. Im ersten Abschnitt (Kap. 1 und 2) werden theoretische Grundlagen des Veränderungsmanagements vorgestellt, im zweiten (Kap. 3) folgt eine kurze Beschreibung von vier Fallbeispielen. Der dritte Abschnitt (Kap. 4) befasst sich mit dem Projektmanagement, der vierte Abschnitt (Kap. 5) mit einem Phasenschema eines Veränderungsprozesses und der fünfte Abschnitt (Kap. 6) wendet sich noch einmal dem Thema des Geschäftsprozessmanagements zu. Ein kurzes Resümee schließt das Werk ab.

Inhalt

Die ersten beiden Kapitel des Werks versuchen eine theoretische Grundlegung des Begriffs „Transformationsmanagement“ zu geben. Dieser wenig rezipierte Begriff steht für einen „dritten Weg“, den der Autor zwischen dem allseits bekannten Ansatz der Organisationsentwicklung einerseits und dem eher durch externe fachliche Interventionen, Außensteuerung des Prozesses und geringere Partizipation gekennzeichneten Ansatz einer Gestaltung von Arbeitssystemen sieht. Dass er diesen letztgenannten Ansatz mit dem häufig als Oberbegriff für alle Arten von Veränderungsprozessen verwandten Begriff „Change Management“ belegt, ist ungewöhnlich. Dennoch ist die idealtypische Gegenüberstellung der beiden Ansätze anhand klar definierter Kriterien (S. 30ff.) komprimiert und überzeugend. –

Der Ansatz des Transformationsmanagements versucht eine Art „Königsweg“ zwischen den beiden Ansätze zu realisieren, indem die Eigenheiten des OE-Ansatzes (z.B. Eigenlogik des Systems als Ausgangspunkt) mit den Eigenheiten des Systemgestaltungs-Ansatzes (z.B. externe Logiken, die das System analysieren und prägen) verbunden werden und eine integrative Lösung (z.B. eine Verbindung interner und externer Systemlogik, die sich wechselseitig befruchten) vorgesehen ist. – Diese Integrationssicht führt anhand dreier Vergleichsaspekte (Beschleunigung des Prozesses, Integration der Beteiligten, „Musterwechsel“ (Einstellungsveränderungen)) zu zehn einzeln dargestellten Merkmalen von Transformationsprozessen. An diesen Merkmalen wird die im Einzelfall nicht triviale Wahl einer angemessenen Vorgehensweise zwischen den beiden Ansätzen plausibel und anhand einer ganzen Reihe von Beispielen aus der Beratungspraxis verdeutlicht. Der Umfang der Beispiele und der Detaillierungsgrad der Angaben erschwert gelegentlich, einen Überblick zu behalten; die zusammenfassenden Anmerkungen sind teilweise etwas abstrakt formuliert.

Im nächsten Abschnitt (Kap. 3) stellt der Verfasser vier Fallbeispiele für Transformationsprozesse aus unterschiedlichen settings (global tätiges Großunternehmen, Behörde, Krankenhaus, kommunales Unternehmen) anhand einer standardisierten Kurzbeschreibung (Kennzeichnung, Ausgangssituation, Veränderungsprozess, Resümee) dar. Diese Fallbeispiele geben einen sehr guten Einblick in die Bedingungen und Verfahren systemischer Beratungen. An der Darstellung gefällt insbesondere, dass der Verfasser Veränderungsprozesse nicht als alleiniges Erfolgsprodukt omnipotenter Beratungs-Schamanen sieht, sondern eher als „Puzzle“, in dem Akteure in einem differenzierten Kräftefeld auf den Prozess einwirken und auch für erfahrene Berater ab und an nur der Rückzug aus dem Feld als letzte Möglichkeit bleibt. Etwas kurz kommt in diesem Kapitel die Rückbeziehung auf den Ansatz des Transformationsmanagements, hier hätte ein ausführlicheres, spezifischeres Eingehen auf alternative Vorgehensmodelle zur Klärung des „Königswegs“ beitragen können.

Das Kapitel 4 skizziert die Vorgehensweise des Transformations-Projektmanagements. Unter diesem Begriff versteht der Verfasser eine ausgewogene Berücksichtigung der klassischen Vorgehensweisen und Instrumente des Projektmanagements einerseits und der soft facts, die bei Veränderungsprozessen einzubeziehen sind, andererseits. Basierend auf einem explizierten Grundverständnis der unterschiedlichen Beteiligung von Linien- und Projektfunktionen in Veränderungsprozessen sowie der Einschätzung von Veränderungsenergien idealtypischer Management-Rollen formuliert Prammer insgesamt dreizehn Eckpfeiler eines erfolgreichen Transformations-Projektmanagements. Auch wenn diese Elemente (bewusst) Überschneidungen aufweisen und keine Herleitungen und Begründungen aus dem Gesamtzusammenhang gegeben werden, ist deren Evidenz für das Gelingen von Veränderungsprojekten doch augenscheinlich. Auch in diesem Abschnitt gelingt es dem Verfasser, auf der Basis umfänglicher eigener Beratungserfahrungen und anhand der vorgestellten Fallbeispiele wertvolle Hinweise und Empfehlungen für die Gestaltung von Veränderungsprozessen zu geben. Die klassischen Instrumente des Projektmanagements werden nicht mehr ausführlich dargestellt, sondern eher vorausgesetzt; kreativ sind die Ergänzungen (z.B. hinsichtlich der Übertragung der Überlegungen von Schein zur Unternehmenskultur auf die „Projektkultur“) und die Widersprüche zum klassischen Ansatz (z.B. hinsichtlich der hierarchiefreien Binnenkoordination im Projekt anstelle einer internen „Projektleitung“). Insgesamt gibt dieses Kapitel produktive Hinweise zur Gestaltung von Veränderungsprozessen und kann eine Selbstreflexion der Beteiligten wirkungsvoll anstoßen.

Die in Kapitel 5 dargestellten Phasen eines Tranformations-Management-Vorhabens beruhen zunächst auf dem im klassischen Projektmanagement-Ansatz enthaltenen Ansatz der Projektphasen (von Projektanlass und –idee bis hin zum Projektabschluss). Die im Vergleich dazu neue Nomenklatur des Transformationsmanagement-Ansatzes nimmt insbesondere wiederum die soft facts von Veränderungsprozessen auf. So wird z.B. ergänzend zur klassischen Eingangsphase (Zielsetzung und Auftrag) der Begriff des „Transformationsbedarfs“ eingeführt und bei den Aufgaben das Augenmerk auf das im Vorhaben vorhandene Energiepotenzial, auf Problemsichten und auch auf Scheiternspotenziale gerichtet. Interessante Anregungen liefern in diesem Kapitel insbesondere die komprimierten Anforderungskriterien an externe Berater/-innen (S. 234 – 242) und die ausführliche Rezeption der Gestaltungsaspekte der Transformation nach Projektabschluss.

Im 6. Kapitel wendet der Verfasser den Ansatz des Transformations-Managements auf die Entwicklung einer Geschäftsprozessorientierung in Unternehmen an, einem Feld also, bei dem besonders wichtig ist, „die Chance auf Musterwechsel zu erhöhen“ (S. 271). Nach einer knappen Einführung in den Ansatz der Prozessorientierung folgt dann die Darstellung einer Geschäftsprozessanalyse, die Auswahl eines zu gestaltenden Geschäftsprozesses sowie die Entwicklung einer „alternativen organisationsneutralen Idealteilprozesslandkarte“. Dieser letzte, etwas sperrige Begriff soll andeuten, dass das Veränderungsmanagement hier für eine Analyse sorgen muss, die spätere Umsetzungsschritte noch nicht präjudiziert. In gleicher Weise wird bei der Entwicklung von Organisationsmodellen und der Ausformulierung einer organisatorischen Lösung dafür Sorge getragen, dass – auch durch die externen Inputs und Steuerungssignale – eine fachlich hochwertige und zugleich akzeptierte und effiziente Lösung gewonnen wird. – Der Bereich der Prozessorganisation ist ein überzeugendes Beispiel dafür, wie Transformationsmanagement im Sinne einer gleichermaßen klientenzentrierten wie fachlich-prozessual überzeugenden Prozesssteuerung zum Erfolg führen kann.

Fazit

Insgesamt gesehen liefert das Buch Führungskräften, Beraterinnen und Beratern, aber auch Studierenden und anderen Interessierten eine Fülle von Anregungen für eine gleichermaßen strukturierte wie selbstreflektierte Gestaltung von Veränderungsprozessen.

Knut Dahlgaard. Rezension vom 09.06.2010 zu:
Karl Prammer: TransformationsManagement. Theorie und Werkzeugset für betriebliche Veräünderungsprozesse. Carl Auer Verlag GmbH (Heidelberg) 2009. ISBN 978-3-89670-707-9.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245
http://www.socialnet.de/rezensionen/7990.php

Dr. Regina Mahlmann / Gabal – Gesellschaft zur Förderung Angewandter Betriebswirtschaft und aktivierender Lehr- und Lernmethoden in Hochschule und Praxis e.V.

Dr. Regina Mahlmann ist als Beraterin, Trainerin, Coach und Autorin tätig

TransformationsManagement

Titel und Untertitel geben zuverlässig Auskunft über das Programm, das den Leser erwartet: In Abgrenzung zu Konzepten aus dem Change-Management und aus der Organisationsen­twicklung leitet Karl Prammer her, wo die Überlappungen und wo die Unterschiede seines Ansatzes zu den genannten liegen. Für Praktiker ist dies insofern bedeutsam, als sie nicht nur das Spezifische des TransformationsManagements erkennen können, sondern zudem die „blinden Flecken“ jener mit einem Surplus füllen können.
Um sich mental auf das durchaus anspruchsvolle Programm einzulassen (Primingeffekt nutzen), sei empfohlen, zuerst Vorwort und Einleitung, dann Resümee (keine Zusammen­fassung!) und Ausblick zu lesen und erst danach in die Kapitel zu springen. Der Autor legt großen Wert darauf, dem Leser zu vermitteln, dass er zwar ein Konzept vorstellt, dies erprobt an Fallbeispielen sowie Ablaufvorschlägen für eigene Praxis unterbreitet, dass gleichwohl er keine Rezepturen bietet, weil in der konkreten Anwendung vieles anders laufen kann, als es seinen Ideen und Erfahrungen entspricht. Kurz: Der Autor appelliert an Leser, die Darstellungen und Erläuterungen so zu lesen, dass sie Orientierung im Denken und Handeln finden und gleichzeitig Besonderheiten ihrer eigenen Situation sehen.
Dem Kapitel zur Abgrenzung folgen Kapitel der Darstellung des Ansatzes: einen „dritten Weg“, der die Stärken der prozessbezogenen OE- und des inhaltsorientierten Change Managements vereinigt und – um systemische und evolutionäre Aspekte und Denkfiguren bereichert (etwa der Iteration oder Geschichtlichkeit des Seiendem, des Status Quo, als Gewordenem) – zusätzlich der Eigenlogik des jeweiligen Systems (Abteilung, Unternehmen) und deren Verschränkung (!) mit der externen Logik von Instanzen/Personen außerhalb des Zielsystems besondere Aufmerksamkeit widmet.
Es ist ein „ernstes“ Buch, dem der Leser anmerkt, dass es dem Autor ein Anliegen ist, Kon­zept, Prozedere, Vorschläge zur operativen Anwendung so zu vermitteln, dass das Prak­tische als wissens- oder evidenzbasiert Umsetzung findet. Insofern erfordert die Lektüre ein höheres Maß an Konzentration und Wissens-, Verstehensmotivation als „locker“ geschrie­bene Ratgeber. Führungspersonen, die strategische Funktionen bekleiden und nicht (mehr) vom operativen Geschäft einverleibt werden, ebenso Leiterinnen und Leiter von Personal­abteilungen, die den Ehrgeiz haben, sich als Gesprächspartner im Rahmen auch unter­neh­merischer Strategien und Visionen zu positionieren, und Beratende, die Unter­nehmen darin flankieren möchten, anspruchsvolle und nachhaltige Veränderungen anzugehen und zu ini­tiieren, werden eine äußerst gewinnende Lektüre haben – auch dort, wo sie mit dem Autor in eine kontroverse Debatte eintreten.

Regina Mahlmann. Rezension 2010 zu:
Karl Prammer: TransformationsManagement. Theorie und Werkzeugset für betriebliche Veränderungsprozesse. Carl Auer Verlag GmbH (Heidelberg) 2009. ISBN 978-3-89670-707-9.
Bei: Gabal e.V.
http://www.gabal.de/medien/rezensionen/transformationsmanagement/

Kundenrezensionen

Kundenrezesionen bei Amazon

Verknüpfung von Eigenlogik und externer Logik

von arria am 16. Oktober 2012 bei amazon

Aus meiner Sicht ist das Buch sehr wertvoll, weil es handelnde Personen in Unternehmen zum Überdenken bestehender Denkmuster und Überprüfung aktueller Strategien anregt. Egal an welcher Stelle des Changeprozesses sich das Unternehmen gerade befindet: Aktiv muss es bei der Steuerung von Veränderungen selbst sein, Fragen stellen, Antworten finden, testen, prüfen, verbessern. Der Autor bietet dazu Werkzeuge und ‘vorbereitendes Denken’ an.

Für mich – und damit darf ich meinen Vorrezensenten ‘kritisieren’ – sind Veränderungen/Changes/Organi­sations­entwicklung verknüpft mit systemischen Ansätzen nicht als ‘Quadratur des Kreises’ (also wider­sprüchlich) zu sehen, sondern, ganz im Gegenteil: es stellt die logische Konsequenz dar, Potenziale aus Strategiesitzungen (z. B. Tetralemma, system. Strukturaufstellungen) mit Organisations­ent­wicklung/Change zu verknüpfen, um Synergien beider Disziplinen für die nächsten Unternehmensschritte anwenden zu können. Das Buch weist sehr oft auf ganzheitliche Zusammenhänge, das Gesamtbild hin, das bei Detailbetrachtung nie vergessen werden sollte. M.E. der zentrale Aspekt bei Changes.

In Unternehmen werden Organisationsentwicklung und/oder Change oft als ‘isolierter Spezialprozess’ gestartet, Fachpersonal minimal vom Tagesgeschäft für Inputs abgezogen, was naturgemäß zu “Sand im Getriebe” führt: MitarbeiterInnen, Führungskräfte, Stakeholder, interessierte Parteien bewegen sich in unterschiedliche Richtungen, verfolgen unterschiedliche Ziele, ziehen nicht mehr ‘am gemeinsamen Strang’ (‘vergessen’ ihr Wertstromdesign). Die Begriffe interne und externe Logik (Einflussfaktoren zum Erfolg) sind dabei zur Gegensteuerung auf diesem Weg sehr hilfreich und bringen das Dilemma von Veränderungen auf den Punkt. Sie sind bei Strategiesitzungen unbedingt einzubringen.

Der besondere Nutzen von Transformationsmanagement nach Prammer für mich: Synergien aus Organi­sationsentwicklung und Change Management nutzen, in der Kommunikation klar bleiben und gemeinsam mit der obersten Leitung dahinter stehen, Miteinbeziehung der MitarbeiterInnen (ISO 9001) optimieren, Wirksamkeiten der getroffenen Maßnahmen offen und transparent prüfen und steuern. Erkenntnis: Abweichungen davon kosten das Unternehmen mehr wenn der Doppeltschritt nicht vollzogen wird: Change kommunizieren (1), dahinter stehen (2).

Fazit: viele Bücher zum Thema belassen es beim Kochrezept/Leitfadendasein und beschränken mit ihren Prozessdarstellungen (Pfeilen) das Sichtfeld. Für mich setzt dieses Buch den entscheidenden nächsten Schritt und gibt Anregungen, Konzeptionelles zur Umsetzung der Fragen:
a) wie sehen uns unsere Kunden/interessierte Parteien während und nach dem Change/der Transformation,
b) Wie sehen uns unsere Kunden in den nächsten Jahren, welchen Neuanfang nehmen sie war
c) Welche Chancen stehen hinter dem Risiko Change/Organisationsentwicklung/Transformation, was kann ich mir zur Steuerung überlegen
d) Wie soll sich eine lernende Organisation aufstellen, die Veränderungen besser als bisher meistern will
e) wie erreiche ich Konsens zu Veränderungen bei/mit handelnden Personen.

 

Direkt beteiligt zu sein, wäre wohl besser

von Fuchs Werner #1 Dr Hall of Fame Rezensent / Top 100 Rezensent am 29. Dezember 2009 bei amazon

Ein Buch über Veränderungsprozesse zu schreiben, das auf systemischen Ansätzen beruht, ist nahe an der Quadratur des Kreises. Dessen ist sich auch der Organisationsberater Karl Prammer bewusst und weist daher sowohl im Vorwort als auch im Resümee auf die Schwierigkeiten und Fallgruben hin. Die vermittelten Inhalte müssen bei jeder realen Anwendung hinterfragt werden, sollen keinen normativen Charakter haben, dürfen nicht trivialisiert weitergegeben werden und sind trotz allem als hilfreiche Leitplanken zu verstehen. Und auch wenn sich der Autor die größte Mühe gibt, seinen eigenen Anforderungen gerecht zu werden, bezweifle ich, dass die Lektüre seines Buches genügt, betriebliche Veränderungsprozesse nach dem beschriebenen Ansatz erfolgreich durchführen zu können. Meinem Anspruch, andere Modelle als klassische Organisationsentwicklung oder Changemanagement kennenzulernen, hat Prammers Arbeit jedoch meist genügt. Passagen, Grafiken, Checklisten und Beispiele, die für meine Arbeit nicht von Bedeutung sind, habe ich einfach übersprungen. Einiges allerdings auch deshalb, weil es mir zu kompliziert schien oder weil ich einfachere Darstellungen kenne. Dass es dem Autor nicht immer gelingt, Bedeutendes und eventuell nützliche Details klar voneinander zu trennen, ist denn auch der Grund für den Abzug eines Bewertungssterns.

Im ersten Kapitel grenzt der Autor seinen Ansatz zu den klassischen Modellen für Organisationsent wicklung und Change-Management ab. Dass er diesen Teil mit Antworten zur Frage, welcher Ansatz welcher Berater braucht, beendet, finde ich sehr viel sinnvoller als die Verwendung geschlechtsneutraler Formulierungen. Vor allem bei einem Buch, das ohnehin sehr anspruchsvolle Inhalte vermittelt, kann ich locker auf politische Korrektheiten verzichten. Im zweiten Kapitel stellt der Autor dann die spezifischen Eigenheiten des TranformationsManagements vor. Besonders interessant finde ich, was Karl Prammer im Unterkapitel “Umsetzung auch gegen Betroffene” schreibt. Daher war ich dann eher enttäuscht, dass er diesem wichtigen Thema in einem so dicken Buch nicht mehr als fünf Seiten widmet und die Vorteile gegenüber anderen Ansätzen nicht stärker heraushebt.

Das dritte Kapitel behandelt vier Fallbeispiele, TransformationsManagement in einem global tätigen Pharmakonzern, in der Arbeitskammer eines österreichischen Bundeslandes, in einem Landes­kranken­haus und in einer Unternehmensgruppe im kommunalen Bereich. In jedem dieser Beispiele geht der Autor auf die Ausgangssituation ein, beschreibt dann den Prozess und zieht schließlich Fazit. Welche 13 Eckpfeiler solche Prozesse tragen, wird im Kapitel “Transformations-Projektmanagement” deutlicher. Und welche Phasen immer durchlaufen werden, erfährt der Leser im fünften Kapitel, dem noch die Ausführun­gen über Geschäftsprozessorientierung folgen.

Mein Fazit: Da ich nicht zur primären Zielgruppe des Autors gehöre, habe ich mir erlaubt, seinen Ausführungen sehr selektiv zu folgen. Mich interessiert vor allem, mit welchen Instrumenten so komplexe Systeme wie soziale Gemeinschaften gesteuert und verändert werden können. Dazu gibt der Autor zwar interessante Antworten, setzt aber die Schwerpunkte leider nicht so, dass ich nach der Lektüre wirklich begeistert war. Allzu viele Graphiken und Formulierungen erinnerten mich an Modelle, die dem Bewusstsein mehr Bedeutung zusprechen, als es in Wirklichkeit hat. Aber wahrscheinlich müsste man ohnehin direkt an einem Veränderungsprozess beteiligt sein, der nach dem beschriebenen Modell durchgeführt wird.

 

Best Paper Award
International Conference of Advances in Economics, Management and Social Studies; Kuala Lumpur / Malaysia 2014

Artikel – International Conference of Advances in Economics, Management and Social Studies; Kuala Lumpur / Malaysia 2014

Auf der IRED Conference im August 2014 in Kuala Lumpur mit TeilnehmerInnen aus 36 Nationen und 116 Referenten erhielt Karl Prammer mit seinem Referat und Artikel „Transformation Management (TM) – An effective approach to substainable management through participation-driven organizational development (OD)„ den Best Paper Award.